Dekubituseinschätzung braucht keine Skala
Während nahezu zeitgleich in Berlin die Überarbeitung des nationalen Expertenstandards zur Dekubitusprophylaxe stattfand, beschäftigten sich in den Kölner Sartory-Sälen rund 650 Teilnehmer am IWC mit den neuesten Erkenntnissen in der Wundprävention und ‑behandlung.
Die federführende Autorin des nationalen Expertenstandards zur Dekubitusprophylaxe, Prof. Dr. Christel Bienstein von der Universität Witten/Herdecke, betonte, die pflegerischen Methoden seien effektiv und wissenschaftlich fundiert. Es müsse aber im Zuge der Überarbeitung des Standards überdacht werden, wie eine Einschätzung des Dekubitusrisikos gestaltet werden könne.
Dr. Nils Lahmann vom Berliner Institut für Medizin‑, Pflegepädagogik und Pflegewissenschaft der Charité-Universitätsmedizin bestätigte, dass sich auch internationale Gremien nicht einheitlich auf einzelne Instrumente und Skalen festlegten. Eine Risikoeinschätzung bei Druckgeschwüren müsse fundiert sein, könne aber auch aus der Erfahrung einer Pflegefachkraft heraus getroffen werden.
Der Kölner Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Volker Großkopf nahm hierauf aufbauend eine Einordnung der Modellprojekte zur pflegerischen Verordnungskompetenz nach § 63 SGB V vor und wies auf zahlreiche noch ungeklärte Rechts- und Abrechnungsfragen hin. Deshalb sei es auch nachzuvollziehen, so Großkopf, dass rund eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes (PfWG) bundesweit kein einziges Projekt zur Erprobung der Hilfsmittelverordnung durch die Pflege gestartet sei.
Darüber hinaus widmete sich der Interdisziplinäre WundCongress modernen Therapieansätzen in der ärztlichen Versorgung chronischer Wunden, die die leitende dermatologische Oberärztin der Kölner Uniklinik, Prof. Dr. Sabine Eming, vorstellte. Der Geschäftsführer der städtischen Kliniken Görlitz, René Bostelaar, erläuterte das Ineinandergreifen von Wund- und Case-Management, während Sascha Saßen vom Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf praxisnahe Methoden der Informationsübermittlung zwischen den vielen an der Wundversorgung beteiligten Berufsgruppen und Abteilungen skizzierte. Er ging dabei insbesondere auf die Frage ein, wie mittels moderner EDV-Technologien ein sicherer Transfer von sensiblen Patientendaten zwischen den verschiedenen Versorgungssektoren gewährleistet werden kann.
Neben den Referentenvorträgen hatten die Besucherinnen und Besucher des Kongresses die Möglichkeit, sich auf der parallel veranstalteten Fachmesse mit rund 40 Ausstellern über die neuesten Entwicklungen aus den Bereichen Prophylaxe, Therapie, EDV-Dokumentation u.v.m. zu informieren.
Am 25. November 2010 wird sich der dritte Interdisziplinäre WundCongress in den Kölner Sartory-Sälen mit einer noch unveröffentlichten “Negativliste” für Wirkstoffe in der Wundversorgung beschäftigen.
Dieser Beitrag erschien erstmals in der Fachzeitschrift Rechtsdepesche.