Die Qualitätsanforderungen zur Behandlung chronischer und schwerheilender Wunden werden angehoben

Gemäß Rah­men­emp­feh­lung nach § 132a Absatz 1 Satz 1 SGB V haben Leis­tungs­er­brin­ger, wel­che chro­ni­sche oder schwer hei­len­de Wun­den gemäß Leis­tungs­zif­fer 31a der HKP-Richt­li­nie ver­sor­gen, ab 1. Janu­ar 2022 ein aus­rei­chen­des Qua­li­täts­ni­veau in per­so­nel­ler, fach­li­cher, orga­ni­sa­to­ri­scher und sach­li­cher Hin­sicht sicher­zu­stel­len. Die maß­geb­li­che Fra­ge, die sich hier­an anschließt, lau­tet: Wer darf zukünf­tig chro­ni­sche Wun­den behandeln?

Bis­her war die for­mel­le Zusatz­vor­aus­set­zung zur Behand­lung und Ver­sor­gung chro­ni­scher Wun­den das Vor­le­gen einer drei­jäh­rig abge­schlos­se­nen Kran­ken- oder Alten­pfle­ge­aus­bil­dung. Neben der for­mel­len Qua­li­fi­ka­ti­on muss­te selbst­ver­ständ­lich auch die tat­säch­li­che Fähig­keit – sprich die mate­ri­el­le Qua­li­fi­ka­ti­on – zur Behand­lung der vor­be­zeich­ne­ten Wun­den vor­lie­gen. Die­ses mate­ri­el­le Qua­li­fi­ka­ti­ons­ni­veau konn­te unter ande­rem durch die Fort­bil­dungs­pro­gram­me der auf die Wund­ver­sor­gung spe­zia­li­sier­ten Fach­ge­sell­schaf­ten wie zum Bei­spiel der Initia­ti­ve Chro­ni­sche Wun­den (ICW) oder der Deut­schen Gesell­schaft für Wund­hei­lung und Wund­be­hand­lung (DGfW) erlangt werden.

Durch die Eini­gung im Schieds­stel­len­ver­fah­ren basie­rend auf der Rah­men­emp­feh­lung gemäß § 132a Absatz 1 Satz 1 SGB V sind die for­mel­len Zusatz­vor­aus­set­zung zur Behand­lung und Ver­sor­gung chro­ni­scher und schwer hei­len­der Wun­den ab dem 1. Janu­ar 2022 ange­ho­ben worden.

Hier­nach müs­sen alle Pfle­ge­fach­kräf­te, wel­che eigen­ver­ant­wort­lich die fach­pfle­ge­ri­sche Ver­sor­gung chro­ni­scher und schwer hei­len­der Wun­den über­neh­men, neben einer erfolg­reich abge­schlos­se­nen drei­jäh­ri­gen Kran­ken- oder Alten­pfle­ge­aus­bil­dung ergän­zend eine spe­zi­fi­sche Zusatz­qua­li­fi­ka­ti­on nach­wei­sen.

Inhalte der Zusatzqualifikation zur Behandlung chronischer Wunden

Die­se spe­zi­fi­sche Zusatz­qua­li­fi­ka­ti­on umfasst min­des­tens 84 Unter­richts­ein­hei­ten à 45 Minu­ten. Die Inhal­te der theo­re­ti­schen Schu­lung (inklu­si­ve fach­prak­ti­scher Unter­richt) ori­en­tie­ren sich cur­ri­cu­lar an Wei­ter­bil­dun­gen, die fol­gen­de Min­dest­in­hal­te umfassen:

  • Grund­la­gen
    • Phy­sio­lo­gie und Ana­to­mie der Haut
    • Gefäß­sys­tem
    • Wun­de, Wundheilung
    • Mikro­bio­lo­gie und Hygiene
  • Krank­heits­bil­der wie
    • gefäß­be­ding­te Erkrankungen
    • chro­nisch-venö­se Insuf­fi­zi­enz (CVI) und Ulcus cruris
    • peri­phe­re arte­ri­el­le Ver­schluss­krank­heit (pAVK)
    • Lymphan­gio­pa­thien
    • Dia­be­ti­sches Fuß­syn­drom (DFS)
    • Deku­bi­tu­alul­cus
  • Lokal­the­ra­pie: Behandlungsprozess/Management
    • Wund­be­hand­lungs­pro­zess
  • Adju­van­te (unter­stüt­zen­de) Maßnahmen
    • Kom­pres­si­ons­the­ra­pie
    • Schmerz­er­fas­sung und –the­ra­pie
    • Ernäh­rung
  • Rahmenbedingungen/ergänzende The­men­be­rei­che
    • Wund­do­ku­men­ta­ti­on
    • Qua­li­täts­si­che­rung in der Wundtherapie

Die Zusatz­qua­li­fi­ka­ti­on wird mit einer erfolg­reich bestan­de­nen Prü­fung abge­schlos­sen. Nach Abschluss der Zusatz­qua­li­fi­ka­ti­on wird ein Zer­ti­fi­kat aus­ge­stellt, dass die Zusatz­qua­li­fi­ka­ti­on ent­spre­chend den vor­ge­nann­ten Min­dest­in­hal­ten und Min­dest­um­fän­ge absol­viert wur­de. Dabei sind die ein­zel­nen Modu­le mit den Umfän­gen im Zer­ti­fi­kat aus­zu­wei­sen. Das Zer­ti­fi­kat ist der ver­trags­schlie­ßen­den Kran­ken­kas­se vorzulegen.

Nachqualifizierungen und jährliche Rezertifizierungen

Bei Pfle­ge­diens­ten, die bereits chro­ni­sche und schwer­hei­len­de Wun­den gemäß § 132a Absatz 4 SGB V ver­sor­gen und deren Mit­ar­bei­ter bereits eine fach­spe­zi­fi­sche Aus­bil­dung von 56 Unter­richts­ein­hei­ten nach­wei­sen kön­nen, sind min­des­tens 50 Pro­zent der die Ver­sor­gung eigen­ver­ant­wort­lich durch­füh­ren­den Pfle­ge­kräf­te inner­halb von 2 Jah­ren ent­spre­chend den oben auf­ge­führ­ten Inhal­ten nach­zu­qua­li­fi­zie­ren. Inner­halb wei­te­rer zwei Jah­re müs­sen alle die Ver­sor­gung eigen­ver­ant­wort­lich durch­füh­ren­den Pfle­ge­fach­kräf­te die­se Qua­li­fi­zie­rung nachweisen.

Über die Anhe­bung der for­mel­len Qua­li­fi­ka­ti­ons­vor­aus­set­zun­gen des han­deln­den Fach­per­so­nals muss das erlang­te Spe­zi­al­wis­sen jähr­lich durch fach­spe­zi­fi­sche Fort­bil­dungs­maß­nah­men ver­dich­tet wer­den. Die Fort­bil­dungs­maß­nah­men haben den aner­kann­ten Stand der pfle­ge­ri­schen und medi­zi­ni­schen Wis­sen­schaft und For­schung wie­der­zu­ge­ben und sol­len dar­über hin­aus aktu­el­le Erkennt­nis­se zur Behand­lung chro­ni­scher und schwer­hei­len­der Wun­den beinhal­ten. Zwin­gen­de Vor­aus­set­zung ist, dass die Fort­bil­dungs­maß­nah­men pro­dukt­neu­tral aus­zu­rich­ten sind. Der Umfang die­ser Fort­bil­dungs­maß­nah­men beträgt pro Jahr min­des­tens 10 Zeitstunden.

Änderungen auch für spezialisierte Einrichtung zur Versorgung chronischer Wunden

Abschlie­ßend ist drauf hin­zu­wei­sen, dass spe­zia­li­sier­te Ein­rich­tung zur Ver­sor­gung chro­ni­scher Wun­den gemäß § 37 Absatz 7 SGB V nun­mehr außer­halb der Häus­lich­keit ihre Dienst­leis­tung ent­gelt­lich vor­neh­men kön­nen. Eine enge Ver­zah­nung zwi­schen den spe­zia­li­sier­ten Leis­tungs­er­brin­gern, Ver­trags­ärz­ten, Kli­ni­ken, ambu­lan­ten Pfle­ge­diens­ten und ande­ren ist bereits in der HKP-Richt­li­nie intendiert.

Die inter­dis­zi­pli­nä­re und inter­pro­fes­sio­nel­le Zusam­men­ar­beit wur­de noch­mals in der Schieds­ver­ein­ba­rung her­aus­ge­stellt. In die­sem Zusam­men­hang ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass in der Schieds­ver­ein­ba­rung aus­drück­lich aus­ge­führt wur­de, dass der spe­zia­li­sier­te Leis­tungs­er­brin­ger sich kei­ne geld­wer­ten Vor­tei­le für die Zuwei­sung von Ver­ord­nun­gen über Ver­band­mit­tel von einem Lie­fe­ran­ten ver­spre­chen oder gewäh­ren las­sen darf. Es bleibt abzu­war­ten, wel­che Aus­wir­kung die­ses Ver­bot in der Pra­xis nach sich zie­hen wird.